Hermann-Linse-Kneipe des RVC

Altrektor Prof. Hermann Linse wäre am 24.8.2014 100 Jahre alt geworden. Dies war Anlass zum ehrenden Gedenken an unseren am 1.12.1999 verstorbenen EAH bei zwei vom RVC organisierten Veranstaltungen, denn Hermann Linse war nicht nur EAH bei uns "Motoren", sondern bei allen 6 Esslinger Verbindungen. Die erste Veranstaltung war am Tag des 100. Geburtstages, an dem sich eine kleine Schar von BB und VB an seinem Grab auf dem Pragfriedhof in Stuttgart zur Niederlegung eines Blumenbuketts trafen.

Zur zweiten Veranstaltung lud der RVC zu einer Mehrfarbenkneipe, zur Hermann Linse-Kneipe, am 26.9.2014 in die Aula des Bildungszentrums Donner & Partner in Waiblingen ein. Hier sollte Gelegenheit gegeben werden, auf das Leben und Wirken des allseits beliebten und hochgeschätzten Hermann Linse zurückzublicken und es zu würdigen. Etwa 40 VBVB von fast allen RVC-Verbindungen waren gekommen.

Die hauseigene Küche sorgte zunächst für das leibliche Wohl der Anwesenden. Danach eröffnete der AHP der zur Zeit Vorsitzenden Verbindung Arminia, VB Wiemer al. Piccard, die Kneipe. Als Hausherr begrüßte VB Donner v. Lektor von der Oeconomica die Gäste.

Unser BB Dietmar Holzwarth v. Strolch begann den Reigen der Erzählungen und Erinnerungen aus frühen Jahren. Der in den 60er-Jahren gegründete Rotensohler Kreis (Rotensohl und Großkuchen, Geburtsort von Hermann Linse, sind Ortsteile von Heidenheim), der sich aus dort in der Gegend aufgewachsenen, in Esslingen Studierenden bildete und zu regelmäßigen Treffen führte, wurde von Hermann Linse regelmäßig besucht. Noch heute treffen sich dort eine Reihe von VB und ehemaligen "Stall"-Studenten aus dem Bereich Ostalb regelmäßig.

EAH Prof. Praetorius berichtete vom Beginn seiner Dozentenlaufbahn am Stall unter seinem Chef Prof. Hermann Linse. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, von Baden-Baden anzureisen und meinte: "Wenn jemand etwas wichtig ist, ist dafür kein Weg zu weit."

VB Prof. Groth von den Hohenneuffen (FEM- und CAD-Pionier) hielt einen Rückblick auf seine Karriere als Lehrbeauftragter und Honorarprofessor am Stall und zeigte sich dankbar gegenüber Hermann Linse, der seinerzeit als Rektor sehr weitsichtig die Pläne von VB Groth am Stall unterstützt hatte, besonders in Form der abendlichen Nutzungsmöglichkeit des Rechenzentrums. Damals steckten Computer natürlich noch in den Kinderschuhen. Diese und weitere Beiträge wurden immer wieder von Studentenliedern aufgelockert.

Einen umfassenden Rückblick incl. Laudatio hielt BB August Sontheimer v. Schlau. Mit viel Mühe hatte er recherchiert und konnte so auch bisher nicht oder weniger bekannte Begebenheiten und Fakten vortragen: Hermann Linse hatte an der TH Stuttgart Elektrotechnik studiert. Er arbeitete dann zunächst bei den Technischen Werken der Stadt Stuttgart (TWS) bevor er 1952 seine Lehrtätigkeit an der damaligen Ingenieurschule Esslingen begann. Er verfasste ein Lehrbuch mit dem Titel "Elektrotechnik für Maschinenbauer", das ich mir als Studierender damals auch kaufte. Dieses Standardwerk ist noch heute erhältlich, aktualisiert und erweitert durch einen Co-Autor. 1965 wurde Herrmann Linse Nachfolger von Prof. Dr.-Ing. Meerwarth als Direktor des "Stalls". Während der Zeit der Studentenunruhen ab 1968, die die europaweite Anerkennung der Ingenieurschulabsolventen als Forderung hatten, war er Mitinitiator des Esslinger Modells, aus dem letztendlich ab 1971 die Fachhochschulen hervorgingen. Hermann Linse wurde vom Senat zum ersten Rektor der FHTE gewählt und er führte dieses Amt bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1977. In diesen 12 Jahren seiner Amtszeit hatte er viel vorangebracht, so z.B. die Einführung neuer Studiengänge (Techn. Informatik und Wirtschaftsingenieurwesen). Dafür erhielt er mehrfach Ehrungen und er war auch Träger des Bundesverdienstkreuzes.

Hermann Linse war bei seinen Studierenden sehr beliebt. Mit großem Einfühlungsvermögen konnte er sie immer wieder zu Höchstleistungen motivieren. Und er war ein großer Freund der Verbindungen. Oft besuchte er Kneipen; die älteren BB werden sich noch gut an seine humorvollen Beiträge erinnern, u.a. auch an seine Klavier- und Gesangsvorträge.

Daneben war ihm aber auch der VfB Stuttgart sehr wichtig: als aktiver Fußballer und später als Beirat. Und so wird berichtet, dass er bei der montäglichen Fußballdiskussion sagte: "Sie verstehen vielleicht etwas von Elektrotechnik, aber von Fußball haben Sie keine Ahnung." Nicht vergessen werden sollte, dass Hermann Linse für unsere Festschrift zu unserem 100. Stiftungsfest u.a. einen hervorragenden, höchst informativen Beitrag verfasste mit dem Titel "Von der Schule für Maschinenbauer in Stuttgart zur Fachhochschule für Technik in Esslingen", ein grundlegender Abriss der geschichtlichen Entwicklung unseres "Stalls".

Im Verlauf der Kneipe zelebrierten etliche VBVB Weinzipfel-Dezidierungen. Der Hausherr VB Donner v. Lektor hatte einige befreundete Personen eines Heimatvereins aus Mittenwald eingeladen, die auf ihre Art einen Schwank mit dem Titel "Das Königlich-Bayerische Amtsgericht tagt in Waiblingen" spielten. Schade, denn diese Darbietung sowie einige weitere vorgetragene Bänkellieder hatten keinerlei Bezug zum eigentlichen Thema der Kneipe. Den Abschluss der Veranstaltung setzte der RVC-Beiratsvorsitzende VB Rübling v. Franke dann mit dem "Mitternachtsschrei".

Verständlich ist, dass an dieser Veranstaltung eben nur ältere BB und VB teilnahmen, die Hermann Linse noch gekannt oder erlebt haben. Aber es war es wert, einem so beliebten, humorvollen, engagierten, weitsichtigen, mit hoher Fach- und Sozialkompetenz ausgestatteten Menschen, dem wir alle viel zu verdanken haben, eine Kneipe zu widmen.

Dieter Maisch v. Piano Verbindung "MOTOR"