"Hier die Rudelsburg!"

Ausflug zur Rudelsburg am 01.10.2010


Rudelsburg01Ein lang gehegter Wunsch wurde wahr. Festkommers im „Rittersaal“ der Rudelsburg und Aufenthalt in Jena. „Das alte närrische Nest“ wie es einmal jemand genannt hatte. War das Goethe? „In Jene lebt sich’s bene und in Esplanade schlief ich gut.“ So Famulus.

Samstag, den 02.10.2010 ab 19:30 Uhr Festkommers im „Rittersaal“ der Rudelsburg. Rund 170 Korporierte ( Studentinnen und Studenten sowie Absolventen ) der Mitgliedsverbindungen des RVC waren zugegen. Ausgelassene Stimmung, kurze Festreden und donnernde Studentenlieder prägten diesen Festabend. Als 170 Sänger das Lied der Lieder „ Gaudeamus igitur“ erklingen ließen, hoben Decke und Dach des Rittersaales ab. Zumindest beinahe. Der Festkommers war der Höhepunkt des dreitägigen RVC - Jahresausflugs 2010. Unvergesslich! „Dort Saaleck, hier die Rudelsburg". Ein frisch und kräftig gesungener, sehr beliebter Cantus war natürlich hier das „Heimatlied". Nachdem ich oben den absoluten Höhepunkt unseres RVC – Ausfluges vorweggenommen habe, nun die chronologische Schilderung des Ereignisses in einer, für unsere Homepage gekürzten Form.

Freitag, den 01.10.2010. Vier moderne und bequeme Reisebusse mit rund 170 Angehörigen der Mitgliedsverbindungen des RVC begeben sich auf die Fahrt nach Thüringen. Rund 30 Personen kamen noch als Gäste hinzu. Das erste Ziel war die oberfränkische Stadt Coburg im Tal der Itz. Acht Stadtführer erwarteten uns auf einem Busparkplatz am Rande des historischen Stadtkerns. Coburg war von 1826 bis 1918 neben Gotha Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha. Großzügige Renaissancebauten und repräsentative Bürgerhäuser vermitteln dem Besucher noch etwas vom früherem höfischen Glanz dieser Stadt. Die Veste Coburg, eine der größten Burganlagen Deutschlands und im Volksmund als „Fränkische Krone“ bezeichnet, konnten wir aus Zeitgründen leider nicht besichtigen.

Anmerkung: Coburg ist seit 1886 zu Pfingsten der alljährliche Tagungsort der studentischen Landsmannschaften und Turnerschaften des „Coburger Convents (CC).“

Anschließend Mittagessen im Braugasthof „Der Grosch (seit 1425)“ in Rödental. Auf ihrer Reise von Wittenberg nach Coburg machten im Jahre 1530 Dr. Martin Luther und Kurfürst Johann „der Beständige“ hier Rast. Neun selbstgebraute Bierspezialitäten werden dem Gast heute angeboten.

Auf einer fast neuen Autobahn fuhren wir dann nach Jena. Links und rechts der Autobahn der Thüringer Wald. Das „grüne Herz“ Deutschlands. Eine herrliche Landschaft!

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Um 18:30 Uhr waren wir in unserer Unterkunft in Jena. Das Steigenberger Hotel ESPLANADE nahm uns auf. Die Einzel- und Doppelzimmer für unsere große Reisegruppe waren natürlich vorbestellt. Das Hotel liegt im Stadtzentrum. Eine siebenstöckige Atriumhalle mit Glaskuppel und gläsernen Aufzügen empfing uns. Vor den Aufzügen bildete sich der einzige Stau dieses Ausflugs. Ulrike und ich bezogen Gästezimmer 606 im 6.Stock. Ein angenehmes, modernes Gästezimmer mit Blick auf die gläsernen Dächer des darunter liegenden Einkaufszentrums „Goethe-Galerie".

Abendessen war dann ab 19:30 Uhr im nahe gelegenen Restaurant „Zur Noll". Mit Almut und Elko hatten Ulrike und ich einen Vierertisch im gemütlichsten Raum des Restaurants erobert. Holzdecke und Holzwände mit Fries. Dazu eine gute Mahlzeit und süffiges Bier. Es war ein sehr schöner Abend und eine angenehme Unterhaltung. Ein gelungener Ausklang des 1. Ausflugtages.

Das Stadtzentrum von Jena überraschte mit einer gut gelungen Mischung von historischer und moderner Architektur. Auf den Strassen und in den Geschäften herrschte auch des Abends noch Betriebsamkeit und die Lokale, an denen wir vorbei vorbeikamen, schienen gut besucht zu sein.

Leider haben wir nur am kommenden Tag drei Stunden Zeit für Frühstück und Erkundung des historischen Stadtkerns.

Frühstück am Samstag um 08:00 Uhr im Hotel ESPLANADE. Ein reichhaltiges und sehr gutes Frühstücksbuffet erwartete uns. Manche Couleurträger schlugen so zu, als erwarteten sie eine länger dauernde Hungerperiode.

Eine kleine Schar von OECONOMEN machte sich auf eine kurze Erkundung durch Jena. Gleich in der Nähe des Hotels befindet sich das „Gartenhaus“ Schillers. Erdgeschoss, sowie 1. und 2. Obergeschoss. Hier entstanden Schillers Werke „Wallenstein“ und der Anfang von „Maria Stuart". Schiller war von 1789-1799 Geschichtsprofessor an der Jenaer Universität, heute Friedrich-Schiller-Universität benannt, die im Besitz des Gartenhauses und des Gartens ist.

Der historische Marktplatz mit den schönen, restaurierten Häusern hatte für uns Besucher eine besondere Ausstrahlung. Auch gerade deshalb, weil an diesem Samstag Markt war und vor allen Marktständen emsige Geschäftigkeit zu beobachten war. Auf dem Marktplatz steht das Denkmal von Johann Friedrich I. „der Großmütige“ (1503-1554), des Gründers der Hohen Schule Jena, die vier Jahre nach dessen Tod zur Universität erhoben wurde (1558). Im Volksmund wird das Denkmal „Hanfried“ genannt und ist ein beliebter Treffpunkt. Die Stadtkirche St. Michael zu Jena bildete den Abschluss der kleinen Stadterkundung. „Prunkstück“ ist die 1548/49 gegossene bronzene Grabplatte Dr. Martin Luthers. Sie war für das Grab des Reformators in der Wittenberger Schlosskirche bestimmt, ist aber aufgrund der Kriegsereignisse im Schmalkaldischen Krieg (1546 / 1547) nie dorthin gelangt. Seit 1571 steht sie in dieser Stadtkirche.

Danach schnell zurück ins Hotel. Dort warten die Busse. Es geht nach Weimar! In Weimar am Einkaufszentrum Atrium wurden wir wieder von einem Rudel Stadtführer empfangen. Wir waren in der Stadt der Dichter und Denker. Viele bekannte Persönlichkeiten haben hier gearbeitet und gewohnt. Um nur einige zu nennen: Goethe, Schiller, Nietzsche, Herder, Wieland, Gropius.

Gehen wir doch gleich zu Johann Wolfgang Goethe. Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach beruft Goethe in sein Beratergremium.

Goethe schreibt am 14.04.1776 an seine Weimarer Freundin Frau von Stein (nur der 1. Vers):

Warum gabst Du uns die tiefen Blicke,
Unsere Zukunft ahnungsvoll zu schaun,
Unsrer Liebe, unserm Erdenglücke
Wähnend selig nimmer hinzutraun?
Warum gabst uns, Schicksal, die Gefühle,
Uns einander in das Herz zu sehn,
Um durch all die seltenen Gewühle
Unser wahr Verhältnis auszuspähn? *

 

Frau von Stein schreibt am 10.05.1776: „Goethe verursacht hier einen großen Umsturz. Wenn er auch wieder Ordnung machen kann, um so besser für sein Genie". *

Der Dichter und Übersetzer Johann Heinrich Voß schreibt am 14. Juli 1776 an seine Braut: „In Weimar geht es erschrecklich zu. Der Herzog läuft mit Goethen wie ein wilder Pursche auf den Dörfern herum, er besauft sich und genießet brüderlich einerlei Mädchen mit ihm".*

Goethe als Weimarer Partylöwe. In der Schule hat man uns das vorenthalten und Frau von Stein wurde nur als Goethes mütterliche Freundin geschildert. Acht Jahre später trafen sich erstmals Goethe und Schiller. Eine bis zum Tode Friedrich Schillers im Jahre 1805 währende Freundschaft und Zusammenarbeit beider begann. 1799 zog Schiller nach Weimar um. Nun waren beide „Dichterfürsten“ in Weimar zuhause.

Goethe schreibt in seinen Erinnerungen:

„Seiner ideellen Tendenz konnte sich meine reelle gar wohl nähern, und weil beide vereinzelt doch nicht zu ihrem Ziele gelangen, so traten beide zuletzt in einem lebendigen Sinne zusammen". *

Die eigentliche Stadtführung begann auf dem historischen Weimarer Friedhof. Ein merkwürdiges Bild ergab sich dem Betrachter. In mehreren Gruppen um ihre Stadtführer geschart fast 200 Personen bzw. Korporierte im Vollcouleur auf einem kleinen Friedhof. Fast sah man keine Gräber mehr. Auf diesem Friedhof sind sie wieder zusammen: Goethe und Frau von Stein. Nur Schiller fehlt. Sein Sarg ist leer und steht nur symbolisch neben Goethes Sarg in der Fürstengruft. Nachgewiesen ist, dass sich Schillers Schädel ab Herbst 1826 im Goethes Haus am Frauenplan befand.

Wilhelm von Humboldt berichtete im Dezember 1826 in einem Brief an seine Gattin, dass er Schillers Schädel bei Goethe betrachten durfte. Nun fehlt der Schädel! Man stelle sich vor, der Hesse Goethe hat den Schädel seines schwäbischen Dichterfreundes einfach „verschlampert!“

Weiter mit der Stadtführung in Kurzform! Nach dem Friedhof der Marstall, Goethes Wohnhaus, Fürstenhaus, Marktplatz mit Rathaus und Stadthaus, Anna-Amalia-Bibliothek und Schillers Wohnhaus sowie das Deutsche Nationaltheater.

Übrigens, wer Interesse hat am Thema Weimarer Republik und Weimars „brauner Bausubstanz“ hat, sollte ins Internet gehen. Da kommt manches Unerfreuliche zutage. Aber das gehört auch zu unserer Geschichte! Das KZ Buchenwald ist nicht fern von Weimar. Bitte lesen und darüber nachdenken! Sollte ich noch einmal nach Weimar kommen, so werde ich im KZ Buchenwald Blumen niederlegen und mit einer Spende zum Erhalt dieser Gedenkstätte beitragen.

Nach der Stadtführung wird unsere Reisegruppe umorganisiert. Korporierte fahren in drei Bussen nach Bad Kösen, die anderen Reiseteilnehmer in einem Bus direkt auf die Rudelsburg.

Das Gradierwerk von Bad Kösen stand zur Besichtigung an. Eine beeindruckende Anlage zur Gewinnung von Salz aus Salzsole durch Verdunsten. Wer nochmals sich über die Technik und Geschichte dieses Gradierwerkes informieren möchte, siehe im Internet unter „Gradierwerk Bad Kösen.“

Hinauf zur Rudelsburg! Endlich war es soweit. Der Festkommers auf der Rudelsburg stand an.

Bad Kösen mit dem Hotel „Zum mutigen Ritter“ und der Rudelsburg sind die Tagungsorte des „Kösener Senioren-Convents-Verband" (KSCV , der im Juli 1848 in Jena gegründet wurde. In 2010 sind an 102 Hochschulen über 2000 Studierende Mitglieder der Corps des KSCV. Außerdem gehören derzeit rund 13.000 berufstätige Akademiker weltweit diesem Verband an. Kennzeichen dieser Corps ist das Waffenstudententum, also das Fechten mit scharfer Klinge.

Eingerahmt hängt eine Replika der Wappentafel des KSCV WS 1900-1901 (77cm x 61,5 cm) an einer Wand meines Arbeitszimmers. In der Mitte eine Photographie der Rudelsburg um jene Zeit und drum herum die Namen der Universitätsstädte, umringt von den Wappen der jeweils dort befindlichen Corps. Bekanntestes Mitglied eines KSCV-Corps war Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck-Schönhausen (Corps Hannovera zu Göttingen). Auch ein alter Nachdruck (1900) eines Porträts Bismarcks hängt an einer Wand meines Zimmers (Friedrichsruh 4. Januar 1895).

Für geschichtlich interessierte BB BB bitte im Internet aufrufen: „Denkmäler bei der Rudelsburg.“

In kurzen Worten habe ich am Anfang meines Berichts den Festkommers auf der Rudelsburg geschildert. Ausführlicher möchte ich das nicht tun. Aber dies sei gesagt: „Der Festkommers im Rittersaal der Rudelsburg ist für mich das ergreifendste Erlebnis meines bisherigen Couleurlebens. Herzlichen Dank an die Organisatoren dieses Ausflugs!

Um 23:00 Uhr Rückfahrt mit drei Bussen ins Hotel nach Jena. Der Sturm auf die Hotelbar setzte nach der Ankunft dort sofort ein. Ein fleißiges Barkeeperpärchen versorgte bis 02:00 Uhr Sonntagmorgens 70 durstige Reiseteilnehmer.

Am Sonntag, den 03.10.2010 begann nach dem reichhaltigen Frühstücksbuffet im Hotel die Rückreise. Ganz klar, dass manche der nächtlichen Hotelbesucher in den Bussen in einen Tiefschlaf verfielen.

Auf diesen Sonntag fiel auch der Tag der Deutschen Einheit.

Erstes Ziel auf unserer Rückreise war das kleine Dorf Mödlareuth. Rund 50 Einwohner zählt dieses Dorf. Der größere Teil gehört nach Thüringen, der Rest nach Bayern. Die Grenze bildet der Tannbach. Dieses kleine Dorf wurde einstens von den Amerikanern „Little Berlin“ genannt, denn genau entlang des Tannbachs verlief in den langen Jahren des „Kalten Krieges“ und der deutschen Teilung Mauer und Stacheldraht. Ein kleiner Abschnitt der DDR-Grenzsicherungen wurde hier nach dem Mauerfall stehengelassen und bildet heute das Kernstück des Deutsch-Deutschen Museums Mödlareuth.

Die letzte Station war die Kaiser-, Bischofs-, Universitäts- und Bierkulturstadt Bamberg in Franken. Im Jahre 1007 erhob Kaiser Heinrich II. Castrum Babenberg zum Bistumssitz. Heute Bamberg. Bamberg mit seinem Kaiserdom und all den anderen architektonischen Kostbarkeiten zu schildern ist in einem solchen kurzen Bericht unmöglich. Man muss Bamberg erleben und genießen. Ein dreistündiger Aufenthalt mit Mittagessen und Stadtführung in mehreren Gruppen ist für diese schöne Stadt vollkommen unzureichend. Also, wer bei dieser Fahrt erstmals in Bamberg war gilt einfach: Nochmals hinfahren und genügend Zeit mitbringen.

Ab 17:00 treten wir die Fahrt nach Stuttgart an. Drei erlebnisreiche Tage waren leider vorüber. Unseren herzlichen Dank an die VB VB, die diesen Ausflug geplant, ausgearbeitet und organisiert haben. Vorbildliche Arbeit!

Rolf-Dieter Lembeck v/ Famulus Z! AV! OECONOMICA et Z! TV! STAUFIA

P.s.: Die mit einem * am Ende bezeichneten Zitate bzw. Gedicht im Text entstammen dem Taschenbuch "Goethe erzählt sein Leben." Fischer Bücherei November 1965.

Eindrücke der Reise in Bildern

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